Madeira II: Rabaçal – Risco-Wasserfall und die 25 Quellen

Um 7.30 Uhr geht’s zum Frühstück. Wir schlagen uns ordentlich die Bäuche voll, damit wir bis 13.30 Uhr – 14 Uhr durchhalten. Pünktlich um 8.30 Uhr sitzen wir im Bus zur Paul da Serra-Hochebene. Wir fahren eine knappe Stunde über die Schnellstraße, die uns am Rand der Orte in den Hängen der Insel vorbeiführt. Zu unserer Linken ist ein großartiger Blick auf’s Meer, zu unserer Rechten schmiegen sich die Häuser in die Felswände und Schluchten ein. Einige Tunnel führen uns direkt durch das Gestein. Zwischen den Tunneln erwartet uns meistens ein Kreisverkehr, der uns entweder in die Dörfer, ans Meer oder weiter Richtung Westen leitet. Wir folgen der Schnellstraße bis Calheta. In Calheta fahren wir nach Norden. Hier geht’s nur noch bergauf. Immer höher, Steigungen von 32% sind keine Seltenheit, auch die Straßen werden etwas enger. Dann erreichen wir Rabaçal. Unser Ziel ist der Parkplatz oberhalb des Ortes. Bis wir dorthin kommen, fahren wir an einigen Eukalyptusbäumen vorbei. Die Luft riecht hier direkt viel würziger, als anderswo.

Auf der Hochebene angekommen, sehen wir das, von dem wir uns gefragt haben, ob es das auf der Insel überhaupt gibt: Kühe! Laut unseres Guides, leben um die 2.600 Kühe dort oben. Absolut verrückt ?

Als wir gegen halb 10 den Parkplatz erreichen, stehen bereits einige Autos dort. Wir schwingen uns zügig in die Wanderstiefel und laufen los. Wettermäßig haben wir richtig Glück: Die Sonne scheint, es ist nur ganz leicht bewölkt – so kann man gut bei morgendlichen 13 Grad auf der Ebene starten. Uns wird auch ziemlich schnell warm. Zuerst geht es ein bis zwei Kilometer auf geteertem Weg bergab, vorbei an kleinen Rinnsalen, einem Teich mit Forellen, knorrzige Lorbeerbäumen und überdimensionierten Löwenzahn vorbei. Der Weg ist einfach zu begehen, hier und da etwas grobsteinig. An der Felswand entlang führen die Levadas, kleine Rinnsale plätschern hinein und halten sie gefüllt. Unser erstes Ziel ist der Risco-Wasserfall. Der Weg dorthin wird langsam schmaler, wir queren immer mal wieder Pfützen von Wasserschneisen. Ein wenig loses Gestein liegt im Weg, hier ist es von der Stabilität des Fußes schon gut gewesen, dass ich mich schlussendlich doch von den Wanderreiseführern überzeugen hab lassen, die knöchelhohen Trekkingstiefel mitzunehmen, anstelle der halbhohen Trekkingschuhe. Auf unserem Weg zum Risco erhaschen wir auch immer wieder einen Blick auf das Tal und die folgenden Berge. Es ist einfach nur wunderschön! Hier ist alles grün, dichtes Blätterdach der Bäume und Sträucher (viel Erika!), wilde Hortensien, Brombeeren, Blaubeeren… Auf dem Weg kommen wir an einer Abzweigung vorbei, die zu den 25 Quellen führt – hier werden wir in Kürze zurückkommen und den Stufen bergab folgen. Bis zum Wasserfall ist es von hier aus nicht mehr weit – nur wenige Minuten brauchen wir bis zur Aussichtsplattform, von der aus wir einen tollen Blick auf diesen schmalen, aber sehr hohen Wassersturz haben.

Nach einer kurzen Fotosession kehren wir um. Inzwischen kommen uns bereits die ersten weiteren Wanderer entgegen. Zurück an der Abzweigung folgen wir den Stufen (Pflastersteine, diese werden höllisch schmierig, sobald diese nass sind!) einige Meter nach unten, unter einem Dach aus Baumkronen und verzahnten Zweigen. Die Sonne wird inzwischen zeitweise von dünnen Schwaden verschleiert, man merkt etwas Feuchtigkeit auf der Haut. Der Abstieg war nicht sonderlich lang, aber nicht besonders angenehm. Wir kommen am Ende an eine weitere Abzweigung – links geht es Richtung Rabaçal, rechts auf den Levadaweg der 25 Quellen. Und hier wird es deutlich spannender. Zuerst geht es nochmal ein Stück abwärts bis wir im Risco-Tal zu einer Brücke kommen. Diese überqueren wir, nur, um im Anschluss erstmal einige Stufen wieder nach oben zu steigen. Am oberen Treppenende angekommen folgen wir der Levada auf einem schmalen Steinweg entgegen ihrer Fließrichtung. Wir können hier nur hintereinander gehen. An manchen Stellen kann man bei Gegenverkehr ausweichen, an anderen Stellen wird’s extrem kuschelig. Hier trennen uns vom Abgrund zeitweise nur zwei Stahldrahtseile und dichtes Geäst der niedrigen Bäume. Der Levada folgt man gut 20 Minuten, bis man rechts abbiegen und direkt in den Kessel zu den 25 Quellen gehen kann. Und dann waren sie bereits da: sehr viele Touristen. Man kam kaum zu dem Wasserbecken, da einige dort ihre große Pause eingelegt hatten. Der Ort selbst ist schön – wenn man sich auch etwas anderes vorstellt. Die 25 Quellen sind genaugenommen viele kleine Wasserstürzchen, die das Becken füllen. Meine Tanten und ich suchen jedoch schnell das Weite und besprechen mit Olli, dass wir schon langsam zurückgehen. Er weist uns an, dass wir einige Schritte zurückgehen und dann links die Stufen nach oben nehmen müssen. An der kleinen Aussichtsplattform treffen wir uns dann alle wieder.

Gesagt, getan: Einige aus der Gruppe folgten uns, da es ihnen an den Quellen auch zuviel Trubel war. Die Stufen (Pflastersteine!) sahen zuerst weniger schlimm aus. Aber es waren viele und wirklich anstrengend, da sie relativ hoch waren. Wir versuchten im gleichmäßigen Tempo den Aufstieg. Meine Patin ging am Ende voran und alle kamen gut oben an. Erstmal brauchten wir eine kurze Verschnaufpause – spätestens jetzt merkten wir, wie oft wir runter und wieder rauf gingen… An der Aussichtsplattform sahen wir dann auch, dass wir nochmal Stufen hinunter mussten um an der Brücke, die wir zuvor hinwärts schon überquert haben, anzukommen und direkt wieder einen Aufstieg auf die gleiche Höhe vorzunehmen – ohne Stufen, aber grobsteinig.

Bis wir die gleiche Höhe erstmal wieder erreicht hatten, kamen uns immer mehr Touristen entgegen (War ich froh, dass wir beizeiten die Ziele erreicht hatten – man hätte außer Trubel kaum die Gegend genießen können.). Wir folgten dem Weg zurück bis zu einer weiteren Treppe, die wir ebenfalls nach oben steigen mussten – es gibt einige Stellen, die als Einbahnweg gelten, da sie viel zu schmal und zu gefährlich sind für eine zweispurige Auslastung – aber wie es immer so ist, gibt es auch genügend Menschen, die offentsichtlich Schwierigkeiten mit Piktogrammen haben. Am Ende kamen wir zur Risco-Rabaçal-Quellen-Abzweigung zurück. Hier liefen wir nun nach Rabaçal. Diesmal hatten wir die Levada zu unserer Linken. Auf diesem Streckenabschnitt wars auch vom Gehen selbst anstrengend, obwohl nun ziemlich gerade. Allerdings war alles sehr grobsteinig und inzwischen gab es einige nasse schmierige Stellen, bei denen man aufpassen musste. Wer hier das falsche Schuhwerk trug, hatte definitiv keinen Spaß. Aber wir waren alle gut vorbereitet, sodass wir das alles problemlos gemeistert haben! ☝️ Auch die kurze kleine Basaltschlucht, die uns zum 900m langen Riders Tunnel führte. Diesen mussten wir noch durchqueren, bevor wir die letzten 10 Minuten Fußmarsch zu unserem Bus in Angriff nehmen konnten. Also haben wir alle unsere Stirn- und Taschenlampen ausgepackt und sind durch die Dunkelheit marschiert. Gefühlt war das am Ende meiner Meinung nach der anstrengendste Abschnitt der ganzen Wanderung: die Levada führt direkt durch den Tunnel, der Weg besteht aus lauter runden Kopfsteinpflastern und alles ist nass und schmierig. Durch die Konzentration und die körperliche Anspannung kann man sich spätestens hier seinen wohlverdienten Muskelkater abholen. Obwohl es inzwischen richtig bewölkt war, wirkte das Licht am Ende des Tunnels sehr grell. Kaum waren wir draußen angekommen, hat sich ein toller Blick auf den Ort Calheta und das Meer zwischen den Felsen hindurch eröffnet. Und auf die vielen verdorrte und verbrannte Vegetation… Das letzte Stück Weg war sehr staubig, ganz im Gegensatz zu den anderen Pfaden, die wir vorher abgelaufen sind. Wir finden noch ein paar Eukalyptus-Bäume, nur nochmal kurz um die Kurve schon sehen wir unseren Bus.

Die erste Tat: Wechselschuhe aus dem Bus holen und aus den Stiefeln raus. Obwohl meine relativ leicht sind, bin ich froh, meine Sandalen anziehen zu können. Sobald alle ihre Plätze eingenommen haben, geht’s los – nächste Station Mittagessen. Es geht steil den Berg runter nach Calheta, die Bremsen des Busses stinken fürchterlich. Aber alles ist in Ordnung und unser Bus biegt nach knapp 10 Minuten auf die Schnellstraße Richtung Funchal ein. Unser Ziel ist das Churrascaria O Pasto in Câmara de Lobos.

Obwohl die reine Fahrtzeit nur 35 Minuten lang ist, bin ich sehr froh, als wir dort ankommen. Inzwischen muss ich nämlich ziemlich dringend auf’s Klo und dann dauert jede Minute gefühlt 10 Minuten. Äußerlich wirkt das Restaurant eher wie ein günstiger Imbiss; geht man ins Innere ist es sehr hell und modern rustikal eingerichtet. Ich laufe dennoch erstmal durch bis zum Ende des Raumes und steh zunächst auf der falschen Seite der Trennwand zu den Toiletten. Zum Glück sind es nur drei Schritte nach links und alles ist frei. Sehr erleichternd! Bei meiner Rückkehr an unseren Tisch stehen schon die Getränke bereit und gleich darauf bekommen die Vegetarier der Gruppe einen RIESIGEN Salatteller gereicht, mit verschiedener Rohkost und Obst (Paprika, Gurken, Tomaten, Kichererbsen, Apfel, Weintrauben…). Alle anderen werden zunächst mit Reis und schwarzen Bohnen versorgt (schmecken wie unsere Linsen und Spotzen mit Räucherfleisch) und dann kommen immer wieder lange Fleischspieße, von denen wir am Ende fünf oder sechs verschiedene Sorten Fleisch bekommen haben: Räucherfleisch, Hähnchenschenkel, weißes Fleisch mit Speck umwickelt und noch einiges mehr. Ich weiß es garnicht genau. Alles war unheimlich lecker und zart – und vorallem reichlich! Ich bin froh, dass ich mir am Anfang nur eine kleine Portion Reis und Bohnen habe geben lassen und auch die Fleischscheiben auf eine beschränkt hatte. Es gab dann ja auch noch Nachtisch: frische Ananas mit Zimt und Zucker am Spieß gegrillt. Auch hier wurde die Ananas am Tisch in Scheiben auf den Teller geschnitten. Soooooooo lecker! Zum Abschluss gab’s dann noch einen Espresso und ich habe überlegt, ob der Bus jetzt überhaupt noch vom Fleck und dann die Steigung wieder hoch kommt. Aber es hat alles gut geklappt und wir haben die letzten 30 Minuten zum Hotel zurückgelegt. Pünktlich um halb 5 waren wir im Hotel.

Meine Tanten, Brigitta und ich haben uns für halb 7 zu einem Bummel in die Stadt verabredet – genug Zeit, um sich zu erfrischen und die Gräten etwas auszustrecken. In die Stadt gingen wir dann aber doch nur zu Dritt, Brigitta hat dann doch mehr Erholungsphase gebraucht.

Wir machen nicht mehr viel, sehen uns um, ich merke, dass ich meine Kamera vergessen habe und setzen uns ins Café do teatro und trinken noch etwas. Dann stromern wir noch ein wenig die Hauptstraße entlang, finden die Vorbereitungen für das Weinfest und gehen über die Hafenpromenade zurück zum Hotel. Inzwischen schwindet das Tageslicht und eine lebhafte Abendstimmung kehrt in der Stadt ein.

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