Pohjoismainen kävely

Jonna und ich haben uns heute, statt für 10 Uhr, für 12 Uhr verabredet. Da sich kurzfristig Fotografen angemeldet haben, um Fotos der kürzlich renovierten Husky-Farm zu machen, wäre es anders etwas knapp geworden. Aber das ist ja kein Problem, kann ich davor noch ein wenig suomen sanosta (Finnischvokabeln) üben.

Laut meinem Plan, der mir vom Hotel ausgehändigt wurde, war der Treffpunkt mit Jonna an der Rezeption. Sehr pünktlich um 11.50 Uhr saß ich in der Lobby und wartete. Es wurde 12 Uhr, jetzt müsste Jonna kommen. Dann wurde es 12.10 Uhr und 12.20 Uhr. Nun war es sicher: irgendetwas stimmte hier nicht.
Und prompt kam die Rezeptionistin mit dem Handy in der Hand zu mir und meinte, Jonna wollte mich sprechen. Nun stellte sich heraus, dass es irgendwo einen Kommunikationsfehler gab und sie dort wartete, von wo aus wir loslaufen wollten. Gut, alles kein Problem. Ich ließ mir fix den Weg erklären, holte die Autoschlüssel und fuhr zum Treffpunkt: Kellarilampi

Dort angekommen – mit dem Auto waren es nur 15 Minuten – wuselte mir auch schon Messi freudig entgegen. Er würde uns also als Back up begleiten.
Jonna hatte die Nordic Walking Stöcke bereits am Picknickplatz verstaut. Dort gab es eine kurze Einweisung zum Handling und dann ging es auch schon los. Auf den Pfaden quer durch den Wald, rauf und wieder runter. An manchen Stellen musste man etwas aufpassen, da dort auch die Bike-Trails entlang führten oder kreuzten. Aber das war alles kein Problem, da alle sehr umsichtig unterwegs waren.

Jonna und ich unterhielten uns da weiter, wo wir Tags zuvor aufgehört hatten. Neben einer kleinen Beeren- und Pilzkunde, die mich auf meine Selbstversorgerzeit in Saimaa vorbereiten sollte, damit ich nicht alles kaufen müsste (mal sehen, ob das in meinem Fall sinnvoll ist…), sprachen wir auch über die Frage, die ganz eng mit „Warum lernst du Finnisch?“ verknüpft ist: Warum in den Norden und nicht in den Süden?

Ich war schon an so einigen Orten und habe auch die Kontinente gewechselt. Aber – ganz abgesehen von dem Stückchen meines Herzens, das in Afrika geblieben ist bzw. Afrika für immer mitgenommen hat, zieht es mich IMMER in den Norden. Das ist wie ein innerer Ruf, der sich immer dann meldet, wenn man Erdung und innere Ruhe braucht. Der Kompass pendelt sich automatisch auf Norden ein.
Wobei ich zugeben muss, ab und an ruft auch Afrika. Er heißt nicht umsonst „Mama Africa“ – dieser alte Kontinent, der diese tiefe Naturverbundenheit ausstrahlt. Und so ähnlich ist es mit dem Norden. Ob man an Magie glaubt oder nicht – es ist hier einfach magisch ruhig und man hört und fühlt die Natur, die einen umgibt.

Als Jonna das hörte, war sie genauso verzaubert wie ich von den Erzählungen der Finnen über ihr Land und seine Natur. Wenn man in etwa das gleiche fühlt, ist es einfach, sich diese Dinge vorzustellen.
In der Zwischenzeit machte sich Messi einen Spaß daraus, entweder hinter uns her zu trotten – immer mit der Nase in den Bodendeckern – oder mit einem Affenzahn an uns vorbeizuschießen, sich umzudrehen und uns mit seinem Blick mitzuteilen, wo wir denn bleiben würden 🤨

Die Zeit verging mal wieder wie im Flug und plötzlich standen wir wieder am Picknickplatz. Jonna hatte dort die Verpflegung verstaut: leckere Sandwiches, Gurken und Tomaten, Wasser, Tee und Schokolade 😁 Auf die Grillwurst habe ich aber verzichtet – nicht, dass sie nicht lecker gewesen wäre. Aber im Hotel erwartete mich wieder ein 3-Gänge-Menü. Das wäre einfach zu viel gewesen.

Dort saßen wir nun und quatschten weiter (Ich erinnere nochmal dran, weder Finnen noch Franken reden viel!). Messi chillte etwas in der Sonne, bis es Zeit zum Verabschieden war. Ich brachte die beiden zurück zum Auto und wollte selbst meinen Rucksack aus dem Kofferraum holen. Die Gegend war so schön, dass ich noch eine Extrarunde drehen wollte.
Der Abschied war wahnsinnig herzlich und irgendwie ein bisschen traurig – echt krass, wie nah man sich in 3 Tagen kommen kann, wenn man die gleiche Sprache spricht (nicht die gesprochene Sprache – die „Herzsprache“).

Ich lief also nochmal los, um eine weitere kleine Runde zu drehen und noch ein paar Fotos zu machen. Dabei ist mir mitten im Sumpf die Handykette gerissen… schöner Mist. Wenigstens habe ich, bis auf ein paar wenige, alle Perlen wiedergefunden. Im Moment kann ich damit natürlich wenig anfangen, aber sie dort einfach liegen zu lassen kommt schon aus Naturschutzgründen nicht in Frage. Gut, dass mein Rucksack eine Menge Taschen hat und einige mit Reißverschluss. So konnte ich diese wenigstens halbwegs gut verstauen.

Nun konnte ich doch noch endlich die Runde um den See zurücklegen. Eine Rentierfamilie folgte mir die ganze Zeit, tat aber immer so, als wäre unsere Richtung purer Zufall…

Wie auch immer. Zurück am Auto machte sich die Rentierfamilie aus dem Staub und ich fuhr wieder ins Hotel.
Dort angekommen nutze ich die Zeit, um meine Sachen für die nächtliche Revontulet-Jagd vorzubereiten. Nachdem der Himmel klar sein sollte, war das Abendprogramm klar.

Die hervorragend zubereiteten Gerichte werde ich definitiv vermissen. Auf meiner Menü-Karte stand heute kalt geräucherter Arctic Char (Seesaibling) mit Fenchel, Gurke und Dillmayonnaise, Hackfleischküchlein vom Elch mit Thymiansoße, Preiselbeeren und Kartoffelpürree und zum Abschluss Beerenküchlein mit weißer Schokomousse. 💕

So vollgefüttert schrieb ich noch ein wenig und trank Tee, bevor ich nochmal raus zu den Sümpfen gefahren bin.
Der Parkplatz dort liegt direkt an einer Hauptstraße. Und obwohl normalerweise vorallem nachts noch weniger als sonst los ist, wunderte ich mich über die LKW, die noch um 23 Uhr hier draußen Richtung Iso-Syöte unterwegs waren.
Aber abgesehen davon, war die Nacht hier oben faszinierend wie im südlichen Afrika. Richtig dunkel und still. Die Augen gewöhnten sich sehr schnell an die Dunkelheit und der helle Mond tat sein Übriges, dass man dann doch gut sehen konnte.
Und obwohl alles gepasst hatte, bekam ich in dieser Nacht kein Revontulet zu Gesicht.

Richtig gemerkt habe ich die letzten Tage aber auch wieder, wieviel Lichtverschmutzung wir in Deutschland verursachen und wie unglaublich Laut unsere Grundgeräuschkulisse wirklich ist. Als ich in dieser Nacht zurück zum Hotel fuhr, waren sämtliche Straßenlaternen abgeschalten und auch die äußere Hotelbeleuchtung. Lediglich im Hotel gab es die Notbeleuchtung und die Flurbeleuchtung mit Bewegungsmeldern. Die Flurbeleuchtung funktioniert ganztägig übrigens mit Bewegungsmeldern. Es ist ungewohnt, aber wundervoll.

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