Meine anderen „ICH“
Ich möchte euch diese beiden Damen vorstellen:
Die hübsche Elfen-Druidin mit den Lagunen-farbenen Haaren ist Risna und das gehörnte, plattentragende Wesen des Lichts (Paladin) ist Sharita.
Diese beiden Damen kann man gut als meine beiden „anderen ICH“ bezeichnen, da in jedem dieser Charaktere ganz viel von meiner Persönlichkeit steckt. Risna ist die ruhige, freundliche, Helferin in allen Lebenslagen – von ihr hört man niemals auch nur ein böses Wort! Sharita ist da dann schon ein bisschen frecher… sie ist ebenso wie Risna immer hilfsbereit und zuvorkommend. Trotzdem sollte man sie nicht schwach von der Seite anmachen – die haut auch zurück! Die Draenei nimmt definitiv kein Blatt vor den Mund, ist manchmal zickig und rastet auch mal aus – dann bleibt im wahrsten Sinne des Wortes kein Stein auf dem anderen.
Wieso? Weshalb? Warum?
Es war irgendwann im Februar 2007… Für Freunde sollte die Spielerweiterung „World of Warcraft – The bruning Crusade“ besorgt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich von diesem Spiel noch garnichts gehört. Allerdings muss es wohl sehr fesselnd gewesen sein, da man nur noch sehr schwer mit den Freunden vor die Tür kam. Da ich jetzt aber nicht zu den Menschen gehöre, die ihre Liebsten einfach aufgibt, habe ich dann doch beschlossen, mich mit diesem Spiel etwas zu beschäftigen. Also hat man sich auf dem Account der Freunde selbst einen Charakter erstellt um es einfach mal auszuprobieren. Tatsächlich war das damals eine untote Hexenmeisterin mit recht wirrem Haar. Und irgendwie hat es Spaß gemacht, wenn auch die Bedienung des Spiels natürlich so garnichts mit der Spielweise an einer Konsole zu tun hat (mein Cousin und ich hatte mal einen Super Nintendo besessen ). Dennoch hat es eine Weile gedauert, bis World of Warcraft Zuhause eingezogen ist. Man muss ja auch dazu sagen, dass man dafür monatlich Gebühren bezahlen muss, wenn man in die Welt eintauchen will. Viele Menschen halten das auch für absoluten Schwachsinn und belächeln diejenigen, die es tun – Spinner.
Dachte ich übrigens in dieser Zeit auch noch; ein bisschen zumindest. Allerdings war das auch die Zeit, in der für uns alle die bisherigen Hobbies langsam irgendwie teuer wurden – nach der Ausbildung die erste eigene Wohnung und der Lebensunterhalt seit geraumer Zeit selbst bestritten werden musste.
Dennoch: Ungefähr im Mai kam der erste Account auf dem heimischen PC an und Risna ist entstanden – allerdings habe ich mir diesen Account trotzdem erstmal noch geteilt. Bis zum Sommer. Dann ist Risna auf meinen persönlichen Account umgezogen und von da an waren wir wieder alle zusammen unterwegs. Diesmal eben nicht mehr nur im richtigen Leben – oder wie wir Zocker es nennen: im RL! – sondern auch virtuell. Mit diesem Spiel entdeckte ich auch meine Begeisterung für Rollenspiele.
Zuvor habe ich zwar schon „Das schwarze Auge“ gespielt und Aventurien unsicher gemacht. Mit WoW wurde das ganze aber etwas einfacher, da man sich die Wege sparen konnte und man nicht erstmal schauen musste, wo denn genügend Platz für die Gruppe wäre.
Risna war also schon immer eine Druidin mit heilenden Fähigkeiten und ursprünglich natürlich „nur“ eine Rolle. Doch irgendwann habe ich angefangen, in dieser Rolle aufzugehen und mich auszuleben. Sharita entstand dann, als ich unglaublich wütend war und etwas brauchte, mit dem ich meine Wut rauslassen konnte. Das macht in einem Spiel halt wesentlich weniger etwas aus, als im wirklichen Leben.
Und ja, ab jetzt habe ich auch sehr viel Zeit im Spiel verbracht.
Jetzt kommt der Aufschrei, den man ständig von Leuten zu hören bekommt, die nichts mit Fantasy, Rollenspielen o.ä. anfangen können: IHR SEID DOCH ALLE SÜCHTIG!!!
Ähm, nein. Sind wir nicht. Natürlich gibt es auch solche, die man seit dem Besitz ihres ersten PCs nie wieder im Tageslicht gesehen hat. Aber da muss ich euch enttäuschen: Wir mussten nichts kompensieren und haben uns auch im echten Leben getroffen! Zum einen kannte ich viele ja schon vor dem Spiel und zum anderen wollte man die neuen auch mal kennenlernen. Und Freitags oder Samstags sind wir ja auch immernoch gern in unser Lieblings-Irish-Pub gegangen oder zum Tanzen in die Rockfabrik oder wir haben den hundertdrölfzigsten Versuch gestartet, eine Metal-Band zu gründen…
Ungefähr zweineinhalb Jahre habe ich Risna und Sharita sehr viel Zeit gewidmet. Ich bin selbst mit ihnen gewachsen, habe mich weiterentwickelt und habe gelernt, micht zu behaupten. Im Grunde habe ich keine Rolle mehr gespielt im Sinne von „Ich schlüpfe in einen anderen Charakter“. Wenn man so will, bin ich mit der Druidin und der Paladina ERWACHSEN geworden; und irgendwie auch Kind geblieben.
Sechs Jahre hatte ich als Risna Azeroth den Rücken gekehrt, bis ich im letzten Jahr das Bedürfnis hatte, wieder nach Azeroth, die Scherbenwelt und Draenor zurückzukehren…