The Red Lady

Was soll ich sagen… eigentlich ist es ja schon relativ komisch, einen gefühlt nachdenklichen Blog zu erstellen, dessen erster Beitrag von einem Motorrad erzählt. Aber so ist das nunmal. Immerhin begleitet mich dieses Motorrad bereits seit 17 Jahren! Meine Red Lady… okay, ich gebe zu, eigentlich hat mein Vater die Red Lady gekauft. Immerhin habe ich selbst erst seit 15 Jahren den passenden Führerschein dazu. Aber, wie es dann manchmal der Teufel so will, verstaubte sie immer mehr in der Garage. Anfangs gerne und viel gefahren kommen immer wieder Situationen dazu, warum man dieses Lieblingsstück am Ende doch wieder nur nach hinten geparkt und letztendlich nicht richtig beachtet hat. Mein größtes persönliches Problem war ja, dass ich mich einfach nicht getraut habe, alleine zu fahren. Warum? Ganz einfach: In meiner Fahrschule gab es nicht wirklich ein passendes Motorrad für meine Größe. Selbst mit dem niedrigsten Sattel war mein Lern-Bike am Ende immernoch zu groß und ich hatte einfach Schwierigkeiten diese richtig zu händeln. Beim Halten stand ich immer nur einseitig mit den Zehenspitzen am Boden. Erschwerend kam noch hinzu, dass zu diesem Zeitpunkt keiner aus meinem Umfeld selbst ein weiteres Motorrad hatte, um einfach mit mir ein wenig zu fahren – und irgendwie bin ich dann doch auch wieder ein Mensch, der nicht einfach mal nur durch die Gegend fährt. Ich fahre bewusst und bedacht mit einem Ziel. Aus dem Kopf ging mir aber die Red Lady nie. Ich wollte sie fahren und mit ihr Abenteuer erleben. Aber bis es soweit war, vergingen noch etliche Jahre. Vor nun gut einem Jahr traf ich dann einen weitläufigen Bekannten wieder. Er überlegte sich, ein Quad zuzulegen oder vielleicht eventuell einen Motorradführerschein nachzuholen. Bei dieser Diskussion kam dann ganz zufällig heraus, dass irgendwie auch sein Trainer erst spät mit dem Motorradfahren begonnen hat und wir ja dann theoretisch zu Dritt wären und gemeinsam fahren könnten… Dies ist nun der Zeitpunkt, an dem man merkt, dass eine alte Liebe zwar irgendwie ein bisschen einrostet, aber am Ende, doch nur oberflächlich unschön aussieht. Dennoch: Dieses hübsche bordeaux-creme-farbene Ding in der Garage ganz hinten – mag das überhaupt noch mit mir? Immerhin war man ja die Jahre dazwischen nicht wirklich nett und hat es zwar bemerkt, aber nicht wirklich beachtet. Die erste Reaktion sollte auch bald folgen. Die Lady wurde zwar dazwischen immer wieder zum TÜV gebracht und fahrbereit gehalten – trotzdem war sie verständlicherweise nicht wirklich fröhlich gestimmt und wollte auch erstmal garnicht mehr anspringen. Der Schrauber unseres Vertrauens wurde gerufen, um sie sich doch einmal genauer anzusehen und für den TÜV und die Straße fit zu machen. Er machte einen prima Job und alles hatte am Ende wunderbar geklappt. Allerdings – wer denkt, dass dies bereits der Aufbruch in die neuen Abenteuer war – der irrt leider. Zu diesem Zeitpunkt sollte es nochmal die ganze restliche Saison und einen ganzen Winter dauern, bis die Red Lady doch wieder auf die Straße durfte. Hier war nämlich wieder mein persönliches Problem: Ich habe mich schlichtweg nicht getraut, sie zu fahren! Wie überwindet man nun dieses Dilemma? Die Glücksfee war mir hier ein wenig wohlgesonnen und hat mir die Möglichkeit beschert, nochmal mit einer 125er Yamaha einzusteigen, um mich wieder an ein motorisiertes Zweirad zu gewöhnen und wieder ein Gefühl dafür zu bekommen.
Dann kam doch wieder der Winter und damit eine Zeit, in der ich dann doch wieder genügend Ausreden hatte, warum die Lady in der Garage bleiben muss. Ihr ahnt schon, wohin das führen könnte. Und insoweit habt ihr recht. Als es endlich soweit war – es war eine große Tour nach Italien geplant! – mochte die Lady nicht. Ihr Herzstück war „gebrochen“. Nein nein, ich weiß, hier ist´s ein bisschen sehr dramatisch – trotzdem: ohne die Batterie geht halt einfach nichts. Da bewegt sich kein bisschen im Motor oder an sonst irgendeiner Stelle. Also haben wir wieder den Schrauber unseres Vertrauens angerufen, der direkt eine neue Batterie für uns bestellt hat. Gefühlt hat dies irgendwie ewig gedauert – immerhin wollte ich nun endlich raus mit der Lady! Reell vergingen insgesamt 3 Tage, bis es endlich soweit war – und doch wieder nicht´s funktionierte. Warum, warum, warum… Ich habe mich wirklich richtig schlecht gefühlt – die Lady war schwer enttäuscht von mir und wollte nicht. Also, was nun? Erstmal natürlich herausfinden, weshalb… wie kann ich sie überzeugen, dass ich es ernst mit ihr meinte? Es sollte ein ganzes Wochenende dauern – mit Überbrücken und immer wieder Neustarten und Fahren – bis wirklich klar war: Die neue Batterie war nicht in Ordnung! Erneut ging ich zum Schrauber unseres Vertrauens und ließ ihn eine neue Batterie bestellen. Auch hier dauerte es wieder eine gefühlte Ewigkeit, bis ich sie einbauen konnte. Aber es hatte sich gelohnt: Endlich sprang die Lady mit Begeisterung an! Ich war wirklich sehr froh, dass die Red Lady niemand ist, der lange Beleidigt ist und einem ewige Vorhaltungen macht! Trotzdem kamen wir nicht nach Italien – diese Tour wurde leider sehr kurzfristig abgesagt. Eigentlich war ich wirklich sehr enttäuscht darüber, dass ich jetzt nicht sofort stundenlang mit der Lady Richtung Süden fahren konnte. Allerdings war es vielleicht auch ganz gut so – für die ersten Bewegungen nach einer langen Trägheit ist vielleicht eine Hardcore-Tour für keinen von uns wirklich gut. Wir nähern uns wieder an und es ist schön, dass es einfach Dinge gibt, auf die man sich verlassen kann… Dies klappt aber nur, wenn man sich auch in den langen Ruhezeiten nicht vollends abwendet und dazwischen doch die eine oder andere kleine Pflegeroutine betreibt. Sonst rostet auch eine alte Liebe durch…
Aber jetzt möchtet Ihr sicher noch wissen, wer denn genau die Red Lady ist 🙂


The Red Lady: Yamaha Virago XV 535 SE BJ 1998

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